Hakenkreuz-Feier in Döbeln gefilmt: Emely Siebert geht beruflich neue Wege und wird Mutter

Sie filmte Männer beim Umtrunk unterm Hakenkreuz in Döbeln. Dafür bekam Emely Siebert viel Lob aber auch üble Hassnachrichten. Jetzt ist es ruhiger geworden, sagt sie. Und verrät, warum sie den Job gewechselt hat und was sie jetzt macht.

Emely Siebert brachte Döbeln im Mai bundesweit in die Schlagzeilen. Auch die Internet-Berichte dieser Zeitung über Emely Sieberts Aktion interessierten sehr viele Menschen. Ein Artikel hatte sogar eine sechsstellige Zugriffszahl.

Denn die 24-Jährige hatte in Döbeln etwas Unerhörtes gefilmt – eine Männerrunde, die sich in Döbeln-Gärtiz zum Umtrunk unter einer Hakenkreuzfahne getroffen hatte. Dieses Video hatte Emely Siebert auf der Internetplattform „X“ veröffentlicht, die damals noch Twitter hieß. „Und so feiert man?“, fragte Emely Siebert damals in die Runde. Und bekam zur Antwort: „Was hast du für ein Problem, hau ab!“

Lob von Mittelsachsens Landrat – Hass im Netz

Ihr Handeln damals hat ihr nicht nur den Titel „Mutige Emely“, Lob vom mittelsächsischen Landrat Dirk Neubauer und Abgeordneten wie Henning Homann (SPD, Landtag) eingebracht, sondern auch jede Menge Hass und Drohungen. Dazu kommt Ärger mit der Strafjustiz.

Denn die Gefilmten fühlten sich durch das Video in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt und erstatteten Anzeige. Das daraus resultierende Strafverfahren gegen Emely Siebert hat die Staatsanwaltschaft Chemnitz zwar eingestellt, aber ganz ausgestanden ist die Sache für die 24-Jährige noch nicht.

Drohungen blieben im digitalen Raum

Und trotzdem sagt sie heute: „Ich würde es wieder tun.“ Auch wenn sie die Ruhe genießt, die mittlerweile eingekehrt ist. Nachdem sie im Mai die Döbelner Hakenkreuzfeier öffentlich gemacht hatte, bekam Emely sehr viele Hassnachrichten.

„Wir haben vieles davon angezeigt“, sagt sie über die Droh- und Hassnachrichten und weiß, dass deren Urheber wahrscheinlich nie zur Verantwortung gezogen werden. „Das waren meistens Leute mit Fake-Profilen“, sagt Emely. Die Drohungen blieben im digitalen Raum. Körperliche Gewalt erlebte die junge Frau im Zusammenhang mit der Gärtizer Nazifete glücklicherweise nicht.

Emely Siebert stammt aus Döbeln und lebt jetzt mit ihrem Partner in Dresden. Damals im Mai war sie zu Besuch bei ihrer Familie in Döbeln. Durch ihre mutige Aktion war auch das Verhältnis zu ihren Angehörigen in Döbeln belastet. „Mit der Familie ist wieder alles in Ordnung“, sagt sie. „Die ist mittlerweile auch ein bisschen stolz auf mich. Bei uns war es immer Konsens, dass man aufstehen muss gegen Nazis.“

Mittlerweile ist sie im dritten Monat schwanger und hat den Beruf gewechselt und arbeitet nicht mehr als Altenpflegerin. Emely Siebert ist jetzt selbstständig in der Erotikbranche. „Da verdiene ich mehr Geld, als in der Altenpflege“, sagt sie. Die junge Frau dreht erotische Filme von sich, lässt sich in entsprechenden Posen fotografieren.

Die Filme und Videos stellt sie auf eine Plattform im Internet, wo sie nur ansehen kann, wer dafür bezahlt. Ob das auch die Teilnehmer der Hakenkreuzfete und weitere Nazis getan haben? Emely Siebert lacht über dieses Gedankenspiel.

Altenpflegerin bleibt ihr Traumberuf. Zu diesem hat sie als Quereinsteigerin während der Corona-Zeit gefunden. „Sollte ich wieder in einem Angestelltenverhältnis arbeiten gehen, dann auf jeden Fall als Altenpflegerin“, sagt Emely Siebert.

Altenpflegerin und Erotikmodel – es geht nur eines

Eigentlich wollte sie ja beides machen, Altenpflegerin hauptberuflich und nebenbei als Erotikmodel arbeiten. „Aber der Pflegejob hat mir keine Zeit mehr für anderes gelassen, das war sehr anstrengend“, sagt sie. So wagte sie den Sprung in die Selbstständigkeit.

Nach ihrem Video von der Hakenkreuz-Runde hatten mehrere Teilnehmer der Runde Emely Siebert angezeigt. Sie habe gegen das Kunsturhebergesetz verstoßen, indem sie die Aufnahme öffentlich machte.

Staatsanwaltschaft sieht keine Strafbarkeit

Ein solches Vergehen ist ein Antragsdelikt, das nur strafrechtlich verfolgt wird, wenn der Betroffene dies will und Strafantrag stellt. Es ist übrigens auch strafbar, in Deutschland ein Hakenkreuz öffentlich zu zeigen. Solche Taten sind Offizialdelikte und die Justiz muss sie immer dann verfolgen, wenn sie Kenntnis davon bekommt.

Die Staatsanwaltschaft Chemnitz sieht aber nicht, dass sich Emely Siebert strafbar gemacht hat, indem sie die Nazifeier filmte und die Bilder öffentlich machte. Wer im öffentlich einsehbaren Raum unter einer Hakenkreuzfahne feiert, kann sich nicht mehr auf den Schutz der Privatsphäre berufen, wenn sein Fehlverhalten dann öffentlich gemacht wird, heißt es im Beschluss, das Verfahren einzustellen.

Beschluss führt zu Beschwerde

„Dem Video ist eindeutig zu entnehmen, dass die Anwesenden an der Hakenkreuzflagge nicht nur keinen Anstoß nehmen, sondern die Beschuldigte noch verbal angreifen, in dem sie gefragt wird, was sie für ein Problem habe und dass sie abhauen solle.“ Ein solches Verhalten, so die Staatsanwaltschaft, sei für eine breite Öffentlichkeit von Bedeutung, weil es eine gefährliche Entwicklung zeige.

Einer der Anzeigeerstatter gab sich damit nicht zufrieden und legte Beschwerde gegen den Beschluss ein, das Verfahren einzustellen. Das hätte die Staatsanwaltschaft Chemnitz aufgreifen und die Ermittlungen wieder in Gang setzten können.

Akte liegt beim Generalstaatsanwalt

Aber die Behörde bleibt bei ihrer Einschätzung: Emely Siebert hat sich nicht strafbar gemacht, das Verfahren gegen sie wird nicht wieder aufgenommen. Jetzt ist es an der Generalstaatsanwaltschaft Dresden zu entscheiden, wie es mit dem Verfahren weitergeht.

„Wir haben die Akte der Generalstaatsanwaltschaft vorgelegt, eine Entscheidung gab es noch nicht“, sagt Oberstaatsanwalt Wolfgang Klein, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Chemnitz. Sollte die Generalstaatsanwaltschaft den Fall auch so sehen wie die Staatsanwaltschaft Chemnitz und das Verfahren eingestellt lassen, bleibt dem Anzeigeerstatter noch die Möglichkeit, das Oberlandesgericht einzuschalten. Das überprüft dann im sogenannten Klageerzwingungsverfahren diese Entscheidung.

Für einen der Feiernden hatte der Umtrunk unterm Hakenkreuz arbeitsrechtliche Konsequenzen. Der Mann arbeitete an der Hochschule Mittweida. Der akademische Arbeitgeber hatte ihn aber suspendiert, als er von der Teilnahme des Mannes an der Hakenkreuz-Feier erfahren hat.

Ob er noch dort arbeitet, war nicht zu erfahren. Eine Anfrage an die Pressestelle der Hochschule Mittweida blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Im Verzeichnis der Mitarbeiter der Hochschule steht sein Name nicht mehr. Jedoch sind über die Suchfunktion auf der Homepage der Hochschule zwei Bilder mit ihm aus dem Jahr 2022 zu finden.

lvz


Nach Hakenkreuz-Feier in Döbeln: Staatsanwaltschaft stellt Verfahren gegen Emely Siebert ein

Im Mai machte eine Feier unter dem Hakenkreuz bei Döbeln Schlagzeilen. Eine junge Frau hatte das Geschehen gefilmt und deswegen selbst Ärger mit der Strafjustiz. Der ist aber nun zu Ende, wie ihr Rechtsanwalt Martin Göddenhenrich mitteilt. Auch die couragierte junge Frau äußert sich zum Ausgang des Verfahrens.

Emely Siebert ist erleichtert. „Das Ermittlungsverfahren gegen sie ist eingestellt“, verkündet Rechtsanwalt Martin Göddenhenrich am Donnerstag.

Der Anwalt hatte Emely Siebert rechtlich vertreten, weil sie eine Männertagsrunde filmte und veröffentlichte, die einen Umtrunk unter der Hakenkreuzfahne veranstaltet hatte. Danach hatte sie ein Teilnehmer der Hakenkreuz-Feier angezeigt und Strafantrag gestellt, weil sie eine Straftat nach Kunsturhebergesetz begangen habe. Ein solches Vergehen ist ein Antragsdelikt, das nur strafrechtlich verfolgt wird, wenn der Betroffene dies will und Strafantrag stellt.

Die Staatsanwaltschaft sieht aber nicht, dass sich Emely Siebert strafbar gemacht hat, indem sie die Nazifeier filmte und die Bilder öffentlich machte. Wer im öffentlich einsehbaren Raum unter einer Hakenkreuzfahne feiere, könne sich nicht mehr auf den Schutz der Privatsphäre berufen, wenn sein Fehlverhalten dann öffentlich gemacht werden würde. „Dem Video ist eindeutig zu entnehmen, dass die Anwesenden an der Hakenkreuzflagge nicht nur keinen Anstoß nehmen, sondern die Beschuldigte noch verbal angreifen, in dem sie gefragt wird, was sie für ein Problem habe und dass sie abhauen solle.“ Ein solches Verhalten, so die Staatsanwaltschaft, sei für eine breite Öffentlichkeit von Bedeutung, weil es eine gefährliche Entwicklung zeige.

„Ich freue mich, dass in diesem Bereich auf unsere Staatsanwaltschaft Verlass ist“, sagt Martin Göddenhenrich von der Döbelner Rechtsanwaltskanzlei Wolf, Göddenhenrich und Thimm. Er hatte in der Zeitung über Emely Sieberts mutiges Handeln und der daraus resultierenden Anzeige gelesen. „Dann wurde ich gefragt, wie ich da helfen könnte.“ Die Auslegung, mit der die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens begründet, hält er für zutreffend. „Wer im öffentlich einsehbaren Raum unter eine Hakenkreuzfahne feiert, braucht sich nicht zu wundern, wenn das dann auch öffentlich gemacht wird.“

Emelys Verfahren ist eingestellt, aber gegen Teilnehmer der Hakenkreuz-Feier wird weiter ermittelt, wie Oberstaatsanwältin Ingrid Burghart, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Chemnitz, auf Nachfrage mitteilt. Das Hakenkreuz gehört wie der Hitlergruß zu den Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen, deren öffentliches Zeigen in Deutschland strafbar ist.

Siebert: Rechtsextremismus-Problem bleibt groß

Emely Siebert sagt über die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, ihr Verfahren einzustellen: „Auf der einen Seite bin ich sehr froh, dass das Verfahren eingestellt wurde, weil ich immer noch überzeugt davon bin, dass es völlig absurd ist, mich bestrafen zu wollen.“ Ihre Befürchtung ist aber, „dass durch die Einstellung des Verfahrens die Sache totgeschwiegen wird und alles so weiter läuft.“ In ihren Augen ist Problem Rechtsextremismus groß und sollte weiter Thema sein.

Emely Siebert: „Wenn in Gärtitz Menschen sagen, dass die Ecke dafür bekannt ist, dann frage ich mich, warum so weggeschaut wird. Das Problem mit Rechtsextremismus wird immer größer und die AfD-Populisten gewinnen immer mehr an Zustimmung. Ich kann nicht verstehen, dass sich so viele Leute anscheinend nicht das Wahlprogramm anschauen oder wirklich in Kauf nehmen, was mit denen an der Macht in unserem Land passieren würde. Hass darf niemals siegen.“